TOUR TRANSALP 2024

 

Tour Transalp – vom klaren Ziel zur unerwarteten Wendung.


2024 war es soweit, ich hatte einen Startplatz für die legendäre Tour Transalp ergattert, das Ziel stand fest. Once in a lifetime.

Gestartet wurde in Lienz, das Ziel Riva des Garda am Gardasee - mit dem Rennrad.
In Zahlen – 800 km – 7 Etappen – 17.000 Höhenmeter.
Bis zum Start am 16. Juni war ich perfekt vorbereitet. Ich hatte ca. 8000 Radkilometer und 68.000 Höhenmeter in den letzten Monaten absolviert. 300 Trainingsstunden in 6 Monaten. Unendlich viele Radflaschen mit Kohlenhydraten und Wasser zu mir genommen. Das ist auch gleichzeitig die Nahrung, die man auf dem Fahrrad bei solchen Etappenrennen konsumiert, damit man ausreichend Energie hat. Energie um keinen Leistungsabfall während des Rennens oder der Etappen zu riskieren.

Endlich viel der Startschuss in Lienz. Die erste Etappe hatte es direkt in sich. Die Pustertaler Höhenstraße: landschaftlich traumhaft, aber für die Ausblicke gab es nicht viele Möglichkeiten, die Anstiege waren brutal. 73 km – 2200 Höhenmeter. Ich kam in der Frauenwertung recht weit vorn an. Darum ging es aber nicht, es ging darum, es zu schaffen. Die Distanz und Höhenmeter zu bewältigen.

Am zweiten Tag warteten die Dolomiten, der Passo Pordoi und weitere Highlights auf uns, auf mich. Ich hatte keinen Muskelkater, aber ich fühlte mich auch nicht richtig gut. Aber gut, so ist es an manchen Tagen. Also los ging es in Silian. 123 Kilomter und 2400 Höhenmeter & ich Flachlandtiroler mittendrin. Ich merkte schon, dass sich das Radfahren relativ schwer angefühlt hat. Eine Erklärung hatte ich nicht. Treten treten treten. Und ich erreichte das Ziel in Moena dennoch glücklich.


Am dritten Tag waren 100 km und 2700 Höhenmeter zu bewältigen. Und wieder ein Tag in den Dolomiten zum Zunge schnalzen. Passo Fedaia, Passo Valles und Passo Rolle lassen keine Fragen aufkommen. Sportlich und landschaftlich spielt auch diese Etappe in der Ehrenkategorie. Für mich schon sehr herausfordernd, weil ich schon gar nicht mehr so richtig in meinem Leistungsbereich fahren konnte. Im Ziel angekommen setze ich alles auf Regeneration. Gutes Essen, Reboots Recoveryhosen. Aber schon das Schlafen in der Nacht war herausfordernd.

Als ich am vierten Tag aufwachte, hatte ich Schwellungen um die Augen und fühlte mich wie überfahren. Konnte es aber nicht ausmachen, was mein Problem war, was mir fehlte. Ich wechselte den Helm und die Brille, frühstückte und stellte mich wieder in den Startblock. Der Tag hatte es nochmal in sich. Die Königsetappe und heiße Temperaturen. 138 km und 3100 Höhenmeter. Zweie harte Anstiege warteten. Einer davon der Monte Grappa. Mit Steigungen von teilweise 19 Prozent. Ich versuchte weiterhin positiv zu denken aber an Leistung war nicht mehr zu denken. Ich kurbelte und kurbelte. Musste einmal zusätzlich in einer Bar anhalten um Wasser in meine Trinkflaschen zu füllen. Es ging mir hier schon wirklich nicht mehr besonders gut. Aber ich kannte den Monte Grappa aus einem Urlaub in Italien und wusste, dass noch eine mega Abfahrt zu dem Ankunftsort wartete. Die genoss ich in allen Zügen. Einfach nur Kopf aus und runter. Im Ziel war mir heiß. Ich stellte mich eine halbe Stunde unter die kalte Dusche und lag den Rest des Tages einfach nur rum, aber so richtig runterfahren konnte mein Körper nicht. Die Nacht war im Grunde auch ein Katastrophe.


Am fünften Morgen hatte ich wieder geschwollene Augen. Fühlte mich mies. Seltsamerweise hatten einige Frauen Schwellungen im Gesicht. Ich bot einer Mitfahrerin noch Eiswürfel zur Kühlung an und dachte mir so… mh, ob das normale Erscheinungen sind? Seltsam.
Für mich ging es nur noch darum, das Ziel in Riva zu erreichen. Tag 5 hatte 107 Kilometer und 2300 Höhenmeter zu bieten. Abfahrt. Alles fühlte sich schwer an. Ich fuhr im Schneckentempo berghoch, kühlte mich, versuchte möglichst meine Energie für die Etappe aufzunehmen und kam irgendwann in Lavarone, auf 1100 Höhenmeter gelegen, an.

Ich hatte am Abend keinen Hunger mehr, dafür viel Durst, mir war noch immer warm und ich bekam Magenschmerzen. Die Nacht war eine Katastrophe. Irgendwann bin ich eingeschlafen und morgens mit Schmerzen aufgewacht. Ich bekam meine Augen kaum geöffnet und als ich in den Spiegel schaute, erkannte ich mich nicht. Mein Gesicht war komplett zugeschwollen, ich hatte Schmerzen in der Magengegend und schaffte es kaum, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Das Atmen viel mir schwer. Wir entschieden uns, dass ich hier aussteige. 7 Uhr sind wir zu dem Medizinischen Dienst der Tour Transalp gefahren, die waren allerdings noch nicht da. Dafür in dem kleinen Ort eine Notfallstation. Dort wurde ich untersucht. Blutdruck zu hoch, Wassereinlagerungen in den Beinen, ich sah aus. Danach gingen wir zum Verantwortlichen Arzt der Tour Transalp und meldeten mich ab. Der schickte mich direkt ins Krankenhaus nach Bozen. In der Notaufnahme mussten wir einige Zeit warten. Danach ging alles ziemlich schnell. Ich musste erst zum Röntgen, danach wurde mir gesagt, dass es keine Magenschmerzen sind, sondern ich Wasser in der Lunge eingelagert habe. Also direkt ins CT. Es musste eine Lungenembolie ausgeschlossen werden. Das konnte zum Glück ausgeschlossen werden. 

Anschließend lag ich 4 Tage auf der Pulmologischen Intensivstation, erholte mich aber sehr sehr schnell. Als Diagnose wurde letztendlich die Höhenkrankheit diagnostiziert. Hat man Worte - die gesammelte Höhenmeter pro Etappe und Schlafen auf 1000-1200 m Höhe. Darauf wäre ich im Leben nicht gekommen. Mittlerweile fahre ich wieder regelmäßig Fahrrad und lass mir den Wind um die Nase wehen. Es gab viele Learnings daraus. Es war dennoch ein tolles Erlebnis, auch wenn ich es nicht ins Ziel nach Riva geschafft habe und es auch nicht mehr auf meiner Bucketlist steht. Man muss nicht alles zu Ende bringen. Stay safe.